RTD Gründung

RT in Deutschland zu etablieren, war damals gar nicht so einfach. Das erste Ehrenmitglied unserer deutschen Assoziation, Günter Rick aus Hamburg, erster National President von RTD schrieb eine kleine Abhandlung über unsere Gründungsgeschichte, die Grundlage dieses Berichts über Entstehung und Ausbreitung von RT in Deutschland ist.

Damals, wenige Jahre nach dem Krieg, wurde innerhalb von RT International die Frage diskutiert, ob man nach der Besatzungszeit und allem, was damit zusammenhing, Deutschland überhaupt in der RT-Familie haben wollte. Kurzum:
Man wollte, und zwar einstimmig.

Günther Krull, ein Hamburger, der für Unilever arbeitete, kannte aus seiner Internatszeit im Lyzeum Alpinum in Zuoz / Schweiz den Holländer Carl van Waning. Dieser lud seinen Schulfreund Günther Krull zur Kupferhochzeit nach Rotterdam ein. Dort lernte der Hamburger den Holländer Hans Wakkie, einen späteren RT-International-Präsidenten, kennen. Krull, geschäftlich viel unterwegs, konnte sich, trotz großen Interesses, nicht weiter um die ihn faszinierende RT-Idee und deren Verbreitung in Deutschland kümmern. Deshalb bat er Günter Rick, sich um RT zu kümmern.

Günter Rick, ein mit Krull befreundeter Hamburger Kollege aus derselben Fabrik, hatte Interesse und reiste dann 1951 nach Rotterdam, um dort von Hans Wakkie geprüft, für würdig befunden und in die RT-Welt eingewiesen zu werden. Rick erhielt schließlich die offizielle Genehmigung und den Auftrag, mit der Gründung von RT in Deutschland zu beginnen.

Im Mai 1952 lud man Günter Rick zum AGM von RTI ein, das gleichzeitig mit dem AGM von RTBI und dem nur alle zwei Jahren tagenden WOCO stattfand. Diese Veranstaltung mit damals schon über 1.000 Teilnehmern und die von allen Seiten entgegengebrachte Freude und Zeichen des guten Willens gegenüber dem RT-unerfahrenen RT-Kandidaten aus Deutschland hat Günter Rick sehr beeindruckt und motiviert. Neben mancherlei neuen Erkenntnissen und vielen guten Ratschlägen brachte Günter Rick aus England die Bestätigung mit, dass der dänische Tisch Esbjerg No. 3 der Patentisch von RTD No. 1 Hamburg sein würde.

Wie Günter berichtete, brachte vor allem der rege Besuch durchreisender ausländischer Tabler einen enormen Motivationsschub. Wenige Wochen nach England führten die Hamburger – trotz Widerstands – das „Du“ als verbindliche Anrede sowie das gemeinsame Abendessen ein. Beides lobten die anfänglichen Kritiker im Nachhinein als gute Entscheidung.

Durch den lebhaften Einsatz aller Mitglieder, und unterstützt vom Patentisch Esbjerg nahm die Entwicklung des ersten deutschen Tisches einen so erfreulichen Verlauf, dass schon für den 12. Oktober 1952 von RTI das Charter-Meeting angesetzt wurde, schreibt Günter Rick. Nicht weniger als 64 männliche ausländische Gäste, zum Teil mit Damen, aus Dänemark, Holland, Schweden, England und Finnland – die Reihenfolge entspricht der Stärke der Delegationen – begrüßen zu dürfen, war für unsere Gründervater schon ein großartiges Ereignis. Bis auf Finnland hatten alle genannten Assoziationen auch ihren Nationalpräsidenten geschickt und auch Hans Wakkie, der Präsident von RTI, kam nach Hamburg.

RTI hat den Hamburgern aber nicht nur den Auftrag zur Gründung eines Tisches, sondern auch zur Einführung von Round Table in Deutschland gegeben. Als erstes gelang es im August 1952 in Bremen Fuß zu fassen, wo noch im Dezember 1952 die Gründungsfeier stattfand.

Dabei hätte der erste Tisch durchaus in Bremen entstehen sollen, denn schon 1950 wollte der Däne Erik Emborg in Bremen den ersten deutschen Tisch gründen. Dazu kam es allerdings nicht.

Über holländische Kontakte ging es an den Aufbau von RT 3 Düsseldorf. „In Hamburg hatten wir bald so viele Vorschläge liegen, dass wir schon früh an die Gründung eines zweiten Tisches denken mussten, der die Nummer 4 bekam“, schreibt Günter Rick.

Kurz vor Charterung des zweiten deutschen Tisches, Bremen, war von RTI beschlossen worden, dass es eine Anzahl von fünf Tischen (gegenüber bisher zwei) mit insgesamt mindestens 75 Mitgliedern bedürfe, damit ein neues Land Vollmitglied von RTI werden könnte. Ferner wurde bestimmt, dass jeder dieser ersten fünf Tische einen ausländischen Patentisch haben sollte. „Sofort, und beglückend für mich“, so Günther Rick, „boten sich die einzelnen Länder jeweils zur Übernahme einer Patenschaft an.“ So erhielt Bremen als Paten den holländischen Tisch Nr. 41 Windschoten; entsprechend groß war die holländische Abordnung bei der Charterfeier Bremens am 6. Februar 1954.

Schon zuvor, Ende 1953, als Günter Rick den Vorsitz an Tisch 1 an seinen Nachfolger, den eingangs genannten Günter Krull, abgab, hatten die Einser provisorisch ein nationales Sekretariat für RT Deutschland zur Koordinierung der weiteren Ausbreitung und der Vertretung bei RTI gebildet. Es dauerte allerdings über 40 Jahre, bis das RTD-Präsidium endlich ein ständiges Sekretariat etablierte.

Mit der Charterung von Bremen am 8. Februar 1954 waren wir nunmehr eine nationale Organisation und hielten am 10. Mai 1954 in Hamburg deren Gründungsversammlung ab, bei der Günter Rick zum ersten RTD-Präsidenten gewählt wurde. Die Delegierten beschlossen, dass die Tische pro Mitglied 2,50 DM an RTD abzuführen hätten.

Indirekt leisteten die Hamburger Geburtshilfe für RT Österreich. RTD-Vizepräsdient Jochen Heyne hielt nämlich – wegen unserer rotarischen Abstammung – bei Rotary Hamburg einen Vortrag über RT. Eines Tages traf in Hamburg ein Brief aus Wien mit der Bitte um Material über RT ein. Ein Wiener Rotarier, der Heynes Vortrag gelesen hatte, wollte seinen Sohn hierfür interessieren. So kam es, dass Viktor A. Straberger 1955 der Gründer des österreichischen Round Table wurde und 1956/57 erster Präsident von RTA war. Er gehörte dem Club No. 2, Linz, an.

Düsseldorf charterte am 16.4.1955 unter dem Patronat von Table Ronde Charleroi 7 Belgien. Gleichzeitig fand das AGM von RTD dort statt.

Beim AGM von RTI im Frühjahr 1955 in Utrecht wurde Deutschland die Ehre zuteil, die Ausrichtung des AGM von RTI 1957 in Hamburg ausrichten zu dürfen.

Der vierte deutsche Tisch, Hamburg 4, erhielt am 12. November 1955 vom englischen Tisch 48 Hammersmith die Charter. Horst Elfe führte schließlich den fünften deutschen Club, Berlin 5, zur Charterfeier am 7. April 1956. Pate der Berliner ist Table Ronde 2 Paris. Die Bedeutung der Übergabe der Charter an den Berliner Tisch wurde dadurch unterstrichen, dass der Gründer von Round Table, Louis Marchesi, eigens zur Feier der fünften deutschen Charter nach Berlin kam.

Damit nämlich waren die Voraussetzungen für eine Vollmitgliedschaft von RTD in RTI erfüllt, und es war für unser erstes deutsches Ehrenmitglied Günter Rick die Krönung seiner Tätigkeit, als wir auf dem im Frühjahr 1956 in Versailles abgehaltenen AGM als Vollmitglied in RTI aufgenommen wurden.
erstellt von Hubertus Uschald, OT 69 Amberg

Quellen:
Günther Ricks schriftliche Aufzeichnungen zur Entstehungsgeschichte von RTD
Gespräche mit Günther Rick, Marlen Schubert / Harald Eggert: 60 Jahre RTBI — 50 Jahre Round Table auf dem Kontinent